Einblicke – Leben mit Post-Covid

  • Suppe

    Suppe

    Alles hat sein rechtes Mass, seine Proportion. Dies immer wieder richtig abschätzen zu können, ist wohl die Kunst des Lebens.  Ich habe bis eine Woche vor meinem Geburtstag gebraucht, bis ich das rechte Gefühl hatte, wie es gehen könnte. Denn Kraft und auch die sonstigen Ressourcen für eine rauschendes Fest habe ich momentan nicht und…

  • Fünfzig

    Fünfzig

    50 Jahre geschenktes Leben leben! Das habe ich geschafft!  Und das mir mein Leben wirklich geschenkt ist und ich die Dinge nicht mit einer Selbstverständlichkeit selber hervorbringe, dämmert mir langsam. So lange mein Leben mit allen Annehmlichkeiten in mehr oder weniger ruhigen Bahnen verlief und ich gesund war, habe ich wohlig und satt in der…

  • Radio

    Radio

    Liebe Mariel Kreis Danke für Deine Frage, Dein Interesse und das Du mit Deinem unglaublichen Können eine Facette diese grossen Themas Armut und Krankheit in der Schweiz erzählst. Es ist Dir eine sehr fein, behutsame und doch so treffend Sendung gelungen. Von Herzen Danke dafür! https://www.srf.ch/audio/input/ploetzlich-arm-von-der-fuehrungsposition-in-die-sozialhilfe?id=AUDI20241127_NR_0028

  • Spielen

    Spielen

    Welch bezaubernde Kraft in der Befähigung des Spieles doch liegt.  Wenn ich nicht akzeptieren und vertrauen könnte und wenn ich nicht gerne spielen würde, wäre meine Leben so, so anders. Schonungslose Akzeptanz meiner neuen Lebenssituation setzt Kräfte frei.Vertrauen, dass dieses aktuelle Leben immer noch meins ist und dadurch gut, schenkt Ruhe.Und die Lust zu Spielen…

  • Frage

    Frage

    Als ich vom SRF Radio die Frage gestellt bekommen habe, ob ich bereit wäre ein bisschen von dem zu erzählen, wie mein Leben jetzt ist und wie ich mit den vielen Neuerungen umgehe, habe ich spontan und aus dem Bauch heraus „ja“ gesagt und mich ganz auf den Prozess des Befragtwerdens eingelassen und habe erzählt.…

  • Arroganz

    Arroganz

    Vor Jahren schon sagte mir ein Freund im beruflichen Kontext, dass meine falsche Bescheidenheit eigentlich nichts andres als Arroganz sei.  Das sass. Und ich habe sofort erkannt, dass es wahr ist. Ich masse mir etwas an, was gar nicht stimmt. Ich habe nur so bescheiden getan, um mich zu verstecken. Ich wollte nicht ernsthaft befragbar…

  • Taschen-Orakel

    Taschen-Orakel

    Manche Sachen sind zeitlos und haben eine immerwährende Bedeutung und Aufgabe. Vor 15 Jahren hatte ich das Pfeiffersches Drüsenfieber und schon einmal ein Fatigue-Syndrom (ME/CFS). Damals war der Spuk dann nach ein bisschen mehr als einem Jahr vorbei und auch damals war ein Monat in der Klinik der Wendepunkt zur langsamen Besserung. Damals war Pacing…

  • Messe

    Messe

    Armut ist vor allem Verzicht. Post-Covid auch. Mein Sohn muss schon auf recht viel verzichten, weil ich an Post-Covid erkrankt bin. Ich kann so Vieles nicht, was eigentlich zu einem gewöhnlichen Tagesablauf dazugehört. Ich bin so froh, dass mein Kind gut ist im Adaptieren, im Ausgleich finden und auch im Akzeptieren, dass unser Leben eben…

  • Taschentücher

    Taschentücher

    Freunde fürs Leben sind solche, mit denen man zusammenkommt und egal wie lange das letzte Treffen her ist, direkt wieder anknüpfen kann.  So ist es mir letzte Woche ergangen. Endlich sitze ich mit meinem sehr guten Freund zusammen, den ich krankheitsbedingt seit dem Frühling nicht mehr gesehen habe. Wir erzählen, was bei uns so alles…

  • Crash

    Crash

    Immer und immer wieder. Man lernt seine Krankheit ja kennen und mit ihr umgehen, sie sogar als grosse Lehrmeisterin anzuerkennen, aber doch immer und immer wieder crashe ich. Eine kleine Infektion und das fragile Gefüge aus Bewältigung der Alltagsgrammatik, Pacing (nur 3 Sachen am Tag), Symptome richtig lesen, bricht heillos in sich zusammen. Totale Überforderung…

  • Egal

    Egal

    Egal wie das Leben ist, meine Würde, mein Wert und wer ich bin, ist davon unbetroffen. Das fühle ich – jeden Tag! Gott sei Dank ist das so. Denn ich kann schon verstehen, dass wenn man sich mit den falschen Ideen verbindet und man sich selbst nicht genug im eigenen Inneren erleben kann, dass dann…

  • 3 Sachen

    3 Sachen

    Drei Sachen am Tag kann ich neben der Alltags-Grammatik wie Aufstehen, Anziehen, Frühstück für mich und meinen Sohn machen, Mittagessen und das Abendprozedere für meinen Sohn gut gestalten, machen, ohne zu crashen. Drei Sachen, die ich an einem Tag zusätzlich machen kann, sind zum Beispiel: Man fragt sich, was ich den Rest des Tages mache,…

  • Hilfe

    Hilfe

    Meine Freundin Andi sagt immer zu mir: Nur sprechenden Menschen kann man helfen. Es ist so wahr! Sobald man wirklich Hilfe braucht, muss man es sagen. Sonst kann sie den Weg nicht zu einem finden. Und es gibt so viele Institutionen und Stiftungen, die genau dort helfen, wo die Not wirklich hockt. Die die Lücke…

  • Netze

    Netze

    Eins fängt Dich immer! Ich habe, bis ich krank wurde, immer gedacht: Ich bin voll berufstätig, zahle in alle Sozialversicherungen ein und bin gut abgesichert. Ich dachte, mir würde im Krankheitsfall ein ähnlicher Lebensstandard erhalten bleiben. Abgesichert bin ich und dafür werde ich von Tag zu Tag dankbarer. Aber in welcher Form meine Existenz gesichert…

  • IV 2

    IV 2

    Ist es nicht seltsam, dass man abfeiert, dass man zu 89 % Invalide ist und damit eine volle IV-Rente zugesprochen bekommt? Eigentlich müsste man ja traurig sein, dass das Schicksal so ist, dass man so krank ist, und doch sind die Verhältnisse anders. Man freut sich, dass die Krankheit als solche endlich anerkannt wird und…

  • Klinik

    Klinik

    Jetzt ist es schon 2 Jahre her, dass ich für 2 Monate in einer Klinik sein konnte. Die Erinnerung an die 9 Wochen fühlt sich an wie ein Tag. Ich bin so unendlich dankbar, dass ich die Zeit in der Klink sein durfte. Das war kein leichter Schritt für mich, aber ich habe tief in…

  • Leben eben

    Leben eben

    Das Leben geht seinen welchselsamen Lauf. Alles hat einen Anfang, eine Dauer und ein Ende. Diese Bewegungen des Lebens mitzumachen, ist mir oft nicht adäquat möglich. Es ist zu viel aufs Mal. Es gibt Dinge, die kann man mit gutem Recht und Gewissen einfach ausblenden und loslassen. Sie bedeuten nichts im jetzigen Zustand. Dann gibt…

  • Schlaf

    Schlaf

    Was hilft Ihnen? Diese Frage stellt mein wunderbarer Hausarzt immer wieder. Meine Antwort ist jedes Mal: Schlaf! Ich habe zwei Tage in einem Tag. Ich stehe morgens auf und der „erste Tag“ ist mit dem Mittagessen zu Ende. Der „Zweite“ beginnt nach dem Mittagsschlaf. Durch den Schlaf schaffe ich es meist, eine Migräne abzuwenden, die…

  • Termine

    Termine

    Jeden Abend vor dem Schlafen und jeden Morgen schaue ich in meinen Kalender. Ich weiss, dass ich grosse Schwierigkeiten habe, grössere Bögen zu erinnern und die einzelnen Stationen im Tag zu behalten. Das konzentrierte Wiederholen der Fakten hilft mir, mich orientiert zu fühlen und weniger Dinge zu vergessen.  Rhythmus ersetzt Kraft. Alles, was regelmässig passiert,…

  • Popcorn

    Popcorn

    Die EM beginnt und ich schaffe es, mit meinem Sohn das Spiel Ungarn gegen Schweiz zu schauen. Was ich dabei auch noch schaffe, ist, mir mit einem Popcorn meinen Backenzahn in zwei Teile zu zerlegen. Der Zahnarzt sagt, es hilft nur eine Krone, denn ohne ist der Zahn dann bald nur noch zum Ziehen da…

  • Nichts

    Nichts

    Das Erschütterndste und Schlimmste meiner Erkrankung ist für mich, dass ich solche Mühe habe, für meinen Sohn irgendwie anständig da sein zu können. Wäre er nicht in der Schule und in der Nachmittagsbetreuung, hätten wir keine Chance. Mein Leben ist derart reduziert und ich so erschöpft, dass ich es nur am Morgen und am Abend…

  • Supermarkt

    Supermarkt

    Langsam aber Alltag! Dieser Satz war gar nicht für mich gedacht, sondern die Kassiererin sagte ihn zu der alten Dame im Supermarkt, die nach ihrer OP das erste Mal wieder einkaufen ging. Genau das ist es, was kranke Menschen machen müssen. Mir ist die Tagesstruktur durch meinen Sohn geschenkt, und bei aller Herausforderung und oft…

  • Australien

    Australien

    Eine Freundin schickt mir fast täglich Fotos von Down Under, von ihrem Leben und der Schönheit auf der anderen Seite der Welt. Dieses Fenster in eine Welt, die mir in meinem jetzigen Zustand unmöglich wäre zu besuchen, macht mein Herz so weit und froh! Es gibt Schönheit, Treue, Freundschaft – auch in meinem so beschränkten…

  • Wäsche

    Wäsche

    Besonders schlimm sind die Momente, in denen man im Gesichtsausdruck oder der Reaktion des Gegenübers sieht, dass man gerade etwas gesagt oder gemacht hat, was irritiert. Das passiert mir oft in Gesprächen, wenn ich ohne mein Bewusstsein zum Beispiel etwas noch einmal erzähle oder noch einmal nachfrage oder wirklich überrascht über etwas bin, was ich…

  • Gewinn

    Gewinn

    – Akzeptanz: Ich akzeptiere, dass ich nur sehr wenig zur Verbesserung meiner Situation beitragen kann und dass der grosse Beitrag der Verzicht, die Ruhe, das rechte Mass ist. – Dankbarkeit: dass Dinge so sind, wie sie sind, und nicht noch schlimmer. Ich habe berechtigte Hoffnung auf Gesundung. Ich habe keine todbringende Diagnose. – Gott: Erst…

  • Verlust

    Verlust

    – Arbeit: ich habe sie so gerne gemacht und es war wirklich schlimm, als ich akzeptieren musste, dass es vorbei ist. Dass mir nach zwei Jahren gekündigt werden muss, dass es nicht anders geht. – Soziales Leben: Ich kann nur noch sehr beschränkt und auch nicht aus eigener Initiative, sondern eher als Reaktion auf das…

  • Glaube

    Glaube

    Was würde ich nur machen, wenn ich nicht darauf vertrauen könnte, dass alles, was mir zustösst und was ich jetzt loslassen muss (meine physische Gesundheit, meine seelische Belastbarkeit, meine geliebte Arbeit, meine Kollegen, meine zwischenmenschlichen Beziehungen, wie ich eigentlich als Mutter bin und leider gerade nicht sein kann, …) einen Sinn hat? Ich glaube an…

  • Orientierung

    Orientierung

    Ich habe grosses Glück, sehr grosses Glück. Dessen bin ich mir bewusst. Ich bin zwar oft orientierungslos und finde mich nicht mehr zurecht, habe aber immer meine innere Sicherheit, dass ich einen Weg finden werde. Ich habe ja nicht mich verloren, ich habe nur die verlässliche Möglichkeit verloren, Informationen adäquat zu verarbeiten. Es kommt leider…

  • Angst

    Angst

    Angst ist weder ein guter Begleiter noch ein guter Ratgeber. Das weiss ich, und doch ist sie auch immer irgendwie da. Wenn man erschöpft ist, keine Kraft hat und sich kaum konzentrieren kann, kann man sich den beängstigenden Gedanken meist nicht entziehen. Sie dominieren einen, sie kommen immer wieder aus dem Unbewussten hochgeschossen. Wie damit…

  • Kirche

    Kirche

    Mit dem ÖV zu fahren ist schwer in meinem Zustand. Zu viele Menschen, zu viele Eindrücke, und ständig steige ich zu spät aus, fahre in die falsche Richtung oder nehme das gänzlich falsche Tram. Manchmal sogar zweimal hintereinander. Und das geht so: An der richtigen Haltestelle steige ich in das falsche Tram, was aber erstmal…

  • Schuhe

    Schuhe

    Man sollte meinen, es ist ein einfacher Akt, von draussen reinzukommen, sich die Schuhe auszuziehen und in die Hausschuhe zu schlüpfen. Macht man doch jeden Tag. Mit Post-Covid passieren einem viele absurde Dinge. Ein Dauerbrenner sind meine Schuhe.  Oft wundere ich mich, warum ich in der Wohnung mit Schuhen rumlaufe, und realisiere dann erst, dass…

  • Auto

    Auto

    Es ist besonders unangenehm, wenn sich etwas verändern muss als Konsequenz von etwas, das man nicht selber gesucht hat.  Ein Auto gehörte bisher wie der Balkon oder das Wohnzimmer zu meinem Leben. Ich brauchte es, um damit zur Arbeit zu fahren, und es stand auf dem gemieteten Parkplatz im Hof – ich konnte jederzeit los. …

  • Freunde

    Freunde

    Ich bin so dankbar für meine Freunde! Die Menschen, die zu mir gehören, verstehen mich auch, wenn es ihnen unerklärlich ist, was mit mir ist. Sie glauben mir, sind reflektiert genug zu wissen, dass mein Mich-nicht-melden nichts mit Ihnen zu tun hat, und sind auch nicht beleidigt, wenn ich ihre Unterstützungsangebote nur selten annehme.  Denn…

  • IV

    IV

    Die Wahrheit siegt. Daran glaube ich. Aber oft ist es so schwer!!! Post-Covid ist eine neue Erkrankung, das ist bekannt, und auch, dass grosse Systeme innerhalb der gesellschaftlichen Ordnung langsame Prozesse haben. Das ist nicht nur bekannt, sondern auch gut so, denn sonst würden wir immer Gefahr laufen, dass es keine oder zu wenig Stabilität…

  • Ahmed

    Ahmed

    Seit der Geburt meines Kindes habe ich die konsequente Angewohnheit, nichts und nie etwas auf mein Autodach zu legen. Post-Covid lässt einen sogar diese tiefen Angewohnheiten vergessen.  Die Konsequenz ist, dass man plötzlich ohne Portemonnaie dasteht. In meiner Tasche ist es nicht, im Auto ist es auch nicht. Ich meine aber, ich habe es mitgenommen.…

  • Finanzen

    Finanzen

    Ich war nie wohlhabend – schon gar nicht als alleinerziehende Mutter, die in der Schweiz bei einem gemeinnützigen Verein arbeitet. Aber wir sind immer gut zurechtgekommen und es war auch immer genug da.  Nun müssen wir lernen, dass die gewohnten Standards für uns nicht mehr gelten. Die zwei Jahre sind um, der Arbeitgeber, der mich…

  • Dankbarkeit

    Dankbarkeit

    Ich muss mich immer wieder ermahnen, wenn ich drohe in die Opferrolle zu fallen, dass ich trotz meiner Krankheit, die mich so gnadenlos vom Leben ausschliesst, ein sehr privilegiertes Leben führe. Immateriell bin ich reich. Ich bin innerlich aufgeräumt und gesund. Ich habe einen wunderbaren Sohn, dem es gut geht. Ich habe wunderbare Freunde in…

  • Erschöpfung

    Erschöpfung

    Man weiss nicht, dass es einen Unterschied zwischen Müdigkeit und Erschöpfung gibt, bis man die bleierne Schwere einer tiefen Erschöpfung erlebt hat. Müdigkeit ist vorübergehend, und Erschöpfung scheint die nächste Stufe von Müdigkeit, die vollständig vergeht, wenn man richtig ausgeschlafen ist und die Seele ausatmen konnte. Die Erschöpfung, die ich durch Post-Covid kennengelernt habe, ist…