Meine Mutter hat mir in einem unserer vielen intensiven Gespräche in einer wohl eher unattraktiven Art und Weise Akzeptanz mit den folgenden Worten beschrieben und mir fürs neue Jahr 2008 mitgegeben: «Wenn man ein Muss annimmt, will man es auch!»
Sie ist inzwischen 82 Jahre alt und lebt ein zunehmend reduziertes Leben über 500 km von mir entfernt. Sie ist zufrieden, sagt sie, hatte aber auf Strecken wohl eher ein hartes Leben.
Sie ist in den letzten Jahren des Krieges in eine Arbeiterfamilie geboren und in ärmlichen Verhältnissen als Einzelkind gross geworden. Die Wohnung bestand aus zwei Zimmern, in denen alles passierte: Küche, Bad und Wohnzimmer – alles zusammen in dem einzigen beheizten Raum – und das Schlafzimmer für die Familie war auf der anderen Seite des Gangs, den auch alle Nachbarn benutzten. Das Plumpsklo war auf dem Hof, und dessen Inhalt wurde im Frühling als Dünger für den Garten verwendet. Für uns heute unvorstellbar.
Der zweite Bildungsweg hat ihr nach der Ausbildung den Weg zum Studium und einem erfüllenden Beruf ermöglicht, und ich glaube, in der dann irgendwann getrennten Ehe mit meinem Vater gab es alles: grosse Freude, Glück und tiefe Liebe – und das ganze Gegenteil davon, mit grosser Verzweiflung, Verlust und Einsamkeit.
Wenn ich an meine Mutter denke, denke ich fast immer an die besonnene und starke Frau, die trotz allem immer irgendwann erinnern konnte, was ihr Weg ist. Die die grossen Lebensschmerzen durchleben kann, die mutig ist und – auch wenn sie sich ganz verloren hat – in den dunkelsten Momenten die Kraft in sich findet, ihr Leben ganz ihr gemäss zu leben.
Sie nimmt gerne Anteil an unserem Leben, freut sich an jeder Freude mit und ist dankbar, auch an den schweren Dingen teilhaben zu dürfen, denn gerade auch darin sei man sich nah, sagt sie.
Zum neuen Jahr 2008 gab sie mir ihre Definition von Akzeptanz mit, und jetzt, als ich den Zettel wiederfand, merke ich, wie sehr ich das doch verinnerlicht habe und leben kann. Denn ich muss viel liegen, ich muss viel verzichten, ich muss mich neu finden, denn meine Lebenssituation ist alternativlos dazu. Ich muss, weil das Leben es so von mir verlangt. Und ich kann es, weil es Menschen in meinem Leben gibt, die mir auf ihre ganz unperfekte Art gezeigt haben, wie das geht.
DANKE, MAMA!!