Am Anfang war ich wenig begeistert von der Idee, eine andere Frau im gleichen Alter mit Post-Covid kennenzulernen. Bin ich doch schon mit den banalsten Anforderungen des Alltags überfordert – neue Menschen kennenzulernen liegt eigentlich nicht drin. Doch unsere gemeinsamen Freunde hatten alles so nett eingefädelt, und so haben wir uns vor 2.5 Jahren dann ganz low key im Park kennengelernt.
Sie war die erste Person mit Post-Covid, die ich kennenlernte, und während ich ihr zuhörte, dachte ich die ganze Zeit: „Sie wirkt ja total normal – hat sie überhaupt Post-Covid?“
Bähm! Und plötzlich war ich diejenige, die jenen Blick auf sie warf, der sonst so oft auf mich gerichtet ist – und der so verletzend sein kann. Was habe ich gestaunt und wie hat mich dieser Moment unmittelbar von der latenten Wut und Trauer des Unverstandenseins befreit! Denn plötzlich habe ich selber erlebt, dass man unsere Erkrankung eben nicht sehen kann.
Denn natürlich treffen wir uns nur mit anderen, wenn wir gut beieinander sind und Kraft haben. Und wir sind ja auch immer noch intelligente, emphatische, analytische und humorvolle Menschen, nur eben mit viel weniger Lebensenergie und deshalb nur sehr reduziert fähig Lebensvollzüge adäquat zu vollziehen. Wenn die Welt uns also zu Gesicht bekommt sind wir eben so wie wir sind und alle Ausfallerscheinungen wirken noch irgendwie normal. Die Krankheit wird meist nur dann sichtbar, wenn man sieht, wie der ganze Tag, die ganze Woche aussieht und wie viel wir konkret von der Begegnung erinnern.
Das war der Beginn einer wunderschönen Freundschaft.
Wir helfen uns oft gegenseitig, nicht unbedingt bewusst oder aktiv, sondern einfach, weil wir uns in der Anderen selbst wiedererkennen.
Und jetzt freue ich mich darauf, mein Freundin gleich abzuholen und mit ihr eine kleine Runde im Park zu drehen. Wir haben viele gemeinsame Themen und freuen uns daran, dass auch in dieser seltsamen Lebensrealität neue Freundschaften möglich sind.