Nichts

Das Erschütterndste und Schlimmste meiner Erkrankung ist für mich, dass ich solche Mühe habe, für meinen Sohn irgendwie anständig da sein zu können. Wäre er nicht in der Schule und in der Nachmittagsbetreuung, hätten wir keine Chance. Mein Leben ist derart reduziert und ich so erschöpft, dass ich es nur am Morgen und am Abend schaffe, für ihn da zu sein. So schlimm es sich anhört, die Wochenenden sind das Schlimmste und ich muss mich die Woche über davon erholen. Ich bin maximal phantasielos und die Bejahung für das Sosein meines Kindes mit allem Krach, der Imperfektion und den kindlichen Impulsen gelingt mir viel zu selten. „Mama, du kannst nichts!“ ist, was ich als erschöpfte Mama hören muss, und er hat so recht. Ich kann nicht mehr puzzeln, Velo fahren, im Kinderzimmer mit ihm spielen, Kuchen backen, was basteln oder nur schon was vorlesen. Neue Gesellschaftsspiele verstehe ich nicht, und für fast alles fehlt mir die Geduld und Kraft.

Ich liebe meinen Jungen so sehr und er ist ein wunderbares Kind, und es bricht mir das Herz, wie er für mich funktionieren muss, weil ich es sonst nicht aushalte.

Unser grosses Glück ist, dass wir ein so gesundes und ausgeglichenes Umfeld haben, das uns trägt. Es fehlt ihm (hoffentlich) an nichts. Er bekommt es halt nur nicht von mir, die ich es ihm so gerne geben würde, sondern von anderen. Dafür bin ich bei aller Trauer so unendlich dankbar.


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