Dankbarkeit

Ich muss mich immer wieder ermahnen, wenn ich drohe in die Opferrolle zu fallen, dass ich trotz meiner Krankheit, die mich so gnadenlos vom Leben ausschliesst, ein sehr privilegiertes Leben führe.

Immateriell bin ich reich. Ich bin innerlich aufgeräumt und gesund. Ich habe einen wunderbaren Sohn, dem es gut geht. Ich habe wunderbare Freunde in meinem Leben und wunderbare Menschen, die mich auf meinem Weg begleiten. Ich fühle mich mit der Welt verbunden, auch wenn es auf vollkommen andere Weise ist, als ich es bisher gewöhnt war.

Materiell sind wir eingeschränkt und es kann auch ziemlich blöd kommen, wenn mir keine IV-Rente zugesprochen wird. Und selbst mit der IV-Rente wird es viel weniger komfortabel als bisher. Auch in einem reichen Land arm zu sein ist kein Spass.

Diese Gedanken machen mir oft sehr grosse Angst und was mir dann immer hilft, ist, dass ich mir klar mache, wie reich ich bin. Wie wunderbar für mich durch unsere gesellschaftliche Ordnung und Systeme geholfen wird. Wir werden wohl nie obdachlos werden, wir werden immer etwas zu essen und anzuziehen haben und uns wird wohl auch immer der Zugang zur ärztlichen Versorgung und Bildung offenstehen. In so vielen Ländern ist das anders. In Amerika würden mein Sohn und ich wohl schon im Zelt leben und meine Chance auf Gesundung würde sehr, sehr anders aussehen.

Dieser Perspektiv-Wechsel ist eine solche Hilfe, und dankbar zu sein für das, was jetzt und heute gerade ist, auch.


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